Schon bald nach Einnistung einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter sind kindliche Erbgutbruchstücke im mütterlichen Blut nachweisbar. Seit 2012 ist es möglich, diese kindlichen Erbgutschnipsel kommerziell im mütterlichen Blut zu analysieren.
Erkennungsraten und die Anteile falsch auffälliger Befunde für die drei häufigsten Chromosomenstörungen Trisomie 21, 18 und 13 sind dabei beeindruckend:
Erkennungsrate | Rate falsch auffälliger Befunde | |
Trisomie 21 | 99,7 % | 0,04 % |
Trisomie 18 | 98,2 % | 0,05 % |
Trisomie 13 | 99,0 % | 0,04 % |
Je nach Anbieter und Testverfahren sind ggfs. auch noch andere Chromosomenstörungen beurteilbar. Dies ist aber in den wenigsten Fällen sinnvoll. Zusätzlich kann das Geschlecht des Kindes über diese Untersuchung sehr sicher bestimmt werden. Die Genauigkeit dafür liegt bei >99%.
Die Analyse der zellfreien DNA wird seit 01.07.2022 bei gesetzlich versicherten Patientinnen unter bestimmten Voraussetzungen Kassenleistung.
Die zellfreie DNA ist in der Analyse der drei häufigsten Chromosomenstörungen (Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13) zweifelsohne genauer als das Ersttrimesterscreening. Allerdings sind nur etwa 10% aller kindlichen Auffälligkeiten diesen drei häufigsten Chromosomenstörungen geschuldet. Alle anderen Auffälligkeiten wie alle Fehlbildungen und andere Chromosomenstörungen fallen in dieser Untersuchung leider „unter den Tisch“.
Das Ersttrimesterscreening hingegen verfügt über ein viel breiteres Spektrum und kann eine Vielzahl von kindlichen genetischen und anatomischen Auffälligkeiten erkennen (Ersttrimesterscreening). Zudem können im ETS auch maternale Risiken wie eine Präeklampsie oder die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt berechnet werden.
Deshalb empfehlen wir dringend immer zuerst die Durchführung eines Ersttrimesterscreenings. Nur so ist es möglich zu beurteilen, ob die Analyse der zellfreien DNA Sinn macht! Andernfalls besteht die Gefahr, dass Auffälligkeiten übersehen oder erst viel später in der Schwangerschaft erkannt werden.
Die cfDNA-Analyse ist für die Patientin und den Arzt unkompliziert. Es wird lediglich eine venöse Blutentnahme der werdenden Mutter benötigt. Anschließend wird das mütterliche Blut in einem spezialisierten Labor auf Chromosomenstörungen des ungeborenen Kinds untersucht.
Die menschliche Erbinformation ist in der DNA in den Zellen gespeichert. Im mütterlichen Blut schwimmen darüber hinaus aber auch eigene und kindliche bzw. korrekter aus dem Mutterkuchen stammende DNA-Bruchstücke außerhalb der Zellen (sogenannte zellfreie DNA). Diese Tatsache macht man sich in der Analyse der zellfreien DNA zu nutze. Der Anteil der plazentaren cfDNA an der Gesamtheit der cfDNA beträgt in der Regel 5-15%. Dies wird als sogenannte „Fetal fraction“ (FF) bezeichnet.
Technisch ist das Verfahren der cfDNA-Analyse höchst anspruchsvoll und nur durch den Einsatz neuer und schneller Hochdurchsatzsequenziergeräte möglich. Bei der Analyse der cfDNA gibt es unterschiedliche Verfahren.
Um eine fetale Chromosomenstörung zu erkennen, werden entweder alle oder einzelne typische cfDNA-Bruchstücke aus dem mütterlichen Blut den jeweiligen Chromosomen zugeordnet („massively parallel sequencing“ oder „targeted parallel sequencing“). Da eine vorherige Selektion zwischen mütterlicher und kindlicher cfDNA aufgrund des hohen Aufwands nicht stattfindet, ist der finale Unterschied zwischen unauffälligem mütterlichen und unauffälligem kindlichen oder unauffälligem mütterlichen und auffälligen fetalen Chromosomensatz sehr gering. In der Regel muss der Test hier Unterschiede von <0,1% unterscheiden. Deshalb ist die „Fetal fraction“ ein wesentlicher Faktor für die Verlässlichkeit der cfDNA-Analyse. Denn je geringer die „Fetal fraction“, desto geringer wird der Unterschied welcher bei Vorliegen einer Trisomie erkannt werden müsste.
Unter einem Grenzwert von in der Regel 4% ist das Testergebnis deshalb nicht mehr auswertbar.
Einfluss auf die „Fetal fraction“ haben unter anderem die Schwangerschaftswoche, das Körpergewicht der Schwangeren, eine vorangegangene Kinderwunschtherapie und der Raucherstatus. Auch das Vorliegen einer kindlichen Chromosomenstörung hat Einfluss auf die „Fetal fraction“. Der Anteil an nicht auswertbaren Ergebnissen liegt bei der zellfreien DNA-Analyse bei etwa 1,5-3,0 %.
Da es bei der zellfreien DNA-Analyse auch falsch auffällige Befunde geben kann, ist ein auffälliges Ergebnis nicht immer mit einem kranken Kind gleichzusetzen. Deshalb sollte in diesen Fällen eine Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese zur weiteren Abklärung durchgeführt werden (Chorionzottenbiopsie und Amniozentese).