Untersuchungen

Genetische Diagnostik

Diagnostik von Chromosomenstörungen und syndromalen Erkrankungen

Das Erbgut des Menschen besteht aus insgesamt 46 Chromosomen. Auf ihnen wird das gesamte Erbgut jedes Menschen gespeichert. Zwei davon sind die Geschlechtschromosomen (X und X bei Frauen, X und Y bei Männern). In der genetischen Diagnostik haben sich durch den technischen Fortschritt in den letzten Jahren beeindruckende neue Möglichkeiten in der Diagnostik von Chromosomenstörungen und syndromalen Erkrankungen ergeben. War in den letzten Jahrzehnten die Karyotypisierung (Lichtmikroskopische Analyse der Chromosomen) der Standard, so spielen nun Methoden wie der CGH-Array oder die Sequenzierung des Exoms oder Genoms (Teil des sogenannten Next-Generation-Sequencing) eine immer größere Rolle. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über diese genetischen Möglichkeiten geben.

 

 

Karyotypisierung:

Die Karyotypisierung ist die klassische Methode der humangenetischen Diagnostik. Sie kann beispielsweise aus Chorionzotten, dem Fruchtwasser oder Blutzellen des Kindes erfolgen. Die Zellen werden zunächst in Kultur genommen und nach ausreichendem Wachstum gefärbt und lichtmikroskopisch beurteilt. Dazu werden mehrere sogenannte Karyogramme, bei welchen die Chromosomen systematisch angeordnet werden, analysiert. Mit dieser Untersuchung können sowohl Veränderungen in der Anzahl der Chromosomen als grobe struktuerelle Veränderungen der einzelnen Chromosomen erkannt werden.

 

Genetische Diagnostik

 

Typische Erkrankungen, die bei einer klassischen Karyotypisierung diagnostiziert werden können, sind beispielsweise die Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13 oder sogenannte Translokationen. Die Dauer bis zum Vorliegen des Ergebnisses beträgt in der Regel 10-14 Tage.

 

 

 

 

2.  Flureszenz in situ Hybridisierung (FISH):

Der größte Vorteil einer Flureszenz in situ Hybridisierung (FISH) ist dessen Geschwindigkeit, denn eine Kultivierung der Zellen ist bei dieser Methode nicht notwendig. So liegt das Ergebnis in der Regel bereits nach ein bis zwei Arbeitstagen vor. Um dies zu erreichen werden spezielle Marker benutzt, die so entweder ein ganzes Chromosom oder einen spezifischen Teil davon kenntlich machen.

 

In der Regel werden mit dieser Methode die Chromosomen 21, 18, 13, X und Y analysiert. Der FISH-Test kann ebenfalls an Fruchtwasser oder Chorionzotten durchgeführt werden. Die Verlässlichkeit ist etwas geringer als bei der klassischen Karyotypisierung (ungefähr vergleichbar mit der der cfDNA-Analyse, zellfreie DNA). Die Ursache hierfür ist, dass es sehr selten zu einer Verunreinigung durch mütterliche DNA kommen kann. Sinnvoll ist dieser Test immer dann, wenn das Ergebnis schnell benötigt wird und eine klassische Trisomie oder eine spezifische Veränderung erwartet wird. In der Regel wird dieser Test immer zeitgleich mit durchgeführt. Als Patientin erhalten Sie deshalb einen ersten Teilbefund bereits nach weniger Tagen.

 

 

 

 

3.  Microarray oder Array-CGH (Array-based Comparative Genomic Hybridization)

Der Array-CGH verfügt über eine höhere Auflösung im Vergleich zur Karyotypisierung. Bei dieser Analysetechnik ist es möglich Kopienzahlveränderungen (Copy Number variants, CNV), Deletionen und Duplikationen zu erkennen, die im Karyogramm nicht entdeckt werden können.

 

Sollten im Ultraschall Auffälligkeiten beim Kind nachgewiesen werden und die klassische Karyotypisierung unauffällig sein, so ist bei knapp 9% der Kinder im Array-CGH trotzdem noch mit einem auffälligen Befund zu rechnen.

 

Technisch funktioniert diese Methode ähnlich der FISH-Analyse über ein Binden der zu untersuchenden DNA an vordefinierten dazu passenden DNA-Bruchstücken, welche auf einer Platte fixiert wurden. Unterschiede können dann über ein Softwareprogramm erkannt werden. Der Zeitraum bis zum Ergebnis beträgt etwa eine Woche. Da der CGH-Array bestimmte Befunde wie eine balancierte Translokation nicht erkennen kann, wird dieser nie ohne eine klassische Karyotypisierung durchgeführt.

 

 

 

 

4.  Analyse des Exoms, Whole Exome Sequencing (WES)

Das menschliche Erbgut enthält unterschiedliche Bereiche. Teile der Erbinformation werden als Vorlage für Proteine (Eiweiße) genutzt. Dies sind die sogenannten Exons. Andere Teile des Erbguts, die sogenannten Introns, werden dagegen nicht als Bauplan für Proteine genutzt. Die Summe aller Exons wird Exom genannt. Das Exom umfasst nur etwa 1-2% des gesamten Erbguts, allerdings sind in diesem Bereich über 80% der krankheitsverursachenden Mutationen (Veränderungen) lokalisiert.

 

Die Analyse des Exoms sollte wann immer möglich sowohl bei Proben des Ungeborenen (also z.B. über Fruchtwasser oder Chorionzotten) und zusätzlich auch bei Proben der werdenden Eltern durchgeführt werden. Dazu erfolgt neben einer Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie bei den werdenden Eltern jeweils eine venöse Blutentnahme. Hintergrund ist, dass dadurch vererbte leichter von neu entstandenen Veränderungen unterschieden werden können. Zudem kann auch leichter unterschieden werden, ob die Veränderung harmlos ist oder Krankheitswert hat.

 

Technisch basiert das WES auf dem Next-generation-sequencing (NGS), einer Methode bei der die Sequenzierung des Genoms, also die Entschlüsselung des Erbguts, deutlich schneller und umfangreicher stattfinden kann als dies über herkömmliche Methoden möglich wäre. Dazu wird die DNA zunächst in kleine Schnipsel geteilt, an Adapter gebunden, vervielfältigt und anschließend gruppiert. Dadurch kann die Sequenzierung des Erbguts deutlich schneller durchgeführt werden. Im letzten Schritt müssen die riesigen Datenmengen dann ausgewertet werden. Die Dauer der Untersuchung beträgt in der Regel 2-6 Wochen.

 

 

 

 

5. Analyse des Genoms, Whole Genome Sequencing (WGS)

Bei der Analyse des Genoms werden im Unterschied zur Analyse des Exoms auch die Bereiche des Erbguts ausgewertet, die nicht als Bauplan für Proteine fungieren. Dies ist der überwiegende Teil der DNA. Die gewonnenen Datenmengen sind also hier nochmal um ein Vielfaches größer. Einerseits erhält man so noch einen wesentlich umfangreicheren Einblick in das Erbgut des Menschen, andererseits ist der Aufwand deutlich größer und die Dauer der Auswertung dementsprechend länger. Bislang hat sich diese Analysemethode noch nicht in der klinischen Routine durchgesetzt.

 

 

 

 

6. Interpretation des Ergebnisses einer genetischen Untersuchung

Sollte man also nicht einfach bei allen genetischen Abklärungen immer alle Untersuchungen durchführen lassen? Das stimmt so leider nicht ganz. Es ist immer sinnvoll in Abhängigkeit des Ultraschallbefunds die passenden Methoden zur genetischen Abklärung zu wählen. Zwar erhält man umso mehr Informationen, je tiefergehend bzw. hochauflösender die Analyse das Erbgut aufarbeitet. Auf der anderen Seite steigt dann aber auch die Wahrscheinlichkeit für Befunde, die weitere Fragen aufwerfen oder keine zufriedenstellende Antwort geben können.  So besteht die Möglichkeit von Veränderungen deren mögliche Auswirkungen auf die geistige und körperliche Entwicklung (noch) unklar sind (Variante mit unklarer Signifikanz, VUS).

 

Hierbei werden insgesamt 5 Klassen unterschieden:

Klasse 1:

Gutartig/ nicht pathogen

Klasse 2:

Wahrscheinlich gutartig

Klasse 3:

Unklar. Dies sind oft die problematischsten Befunde.

Klasse 4: 

Wahrscheinlich pathogen/ krankmachend

Klasse 5:

Pathogen/ krankmachend

 

Da sich die Erkenntnisse in diesem Bereich atemberaubend weiterentwickeln, ist es oft sinnvoll, eine erneute Beurteilung und Beratung nach ein paar Jahren durchführen zu lassen. In einigen Fällen ist dann eine klarere Einschätzung der Prognose möglich.

 

Andererseits gibt es eine Vielzahl pathogener Veränderungen, deren Penetranz aber unter 100% liegt. Das heißt, manche Kinder mit dieser Veränderung weisen deshalb in Ihrer Entwicklung Probleme oder Einschränkungen auf, andere aber nicht. Dies kann wiederum zu nicht auflösbaren Konfliktsituationen in der vorgeburtlichen Diagnostik führen.

 

Deshalb ist es sehr wichtig, vor der Untersuchung eine genetische Beratung in Anspruch zu nehmen und den genetischen Befund immer in Zusammenschau mit dem Ultraschallbefund zu interpretieren!

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