Das Ersttrimesterscreening wird zwischen der 12. Und 14. SSW durchgeführt . Ursprünglich war das Ersttrimesterscreening im Wesentlichen auf die Berechnung des Trisomie 21 Risikos ausgelegt. In den letzten Jahrzehnten hat es sich zu einer sehr umfassenden Untersuchung auf die verschiedensten Schwangerschaftskomplikationen weiterentwickelt. So umfasst das Ersttrimesterscreening heute:
Das Risiko für ein Kind mit einem der häufigsten Chromosomenstörungen Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13 steigt mit dem mütterlichen Alter an. So liegt das sogenannte Hintergrundrisiko ein Kind mit Trisomie 21/ Down Syndrom zu bekommen bei einer 20-jährigen Patientin bei ca. 1:1400, bei einer 35-jährigen Patientin schon bei etwa 1:350 und bei einer einer 40-jährigen Patientin bei etwa 1:90. Früher wurde deshalb Schwangeren ab dem 35. Lebensjahr eine weitere Abklärung über eine Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) angeboten (Amniozentese). Dies führte aber lediglich zu einer Erkennungsrate von etwa der Hälfte aller Fälle mit Trisomie 21. Darüber hinaus steht die Familienplanung bei Frauen oft inzwischen erst später an, was zu einem sehr hohen Anteil an abklärungsbedürftigen Schwangeren führen würde.
Prof. Nicolaides erkannte in den 90ern, dass Kinder mit Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13 im Vergleich zu gesunden Kindern am Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels in der Regel eine erweiterte Nackentransparenz aufweisen.
Links unauffällige und rechts deutliche erweiterte Nackentransparenz
Die Nackentransparenz ist dabei eine Flüssigkeitsansammlung unter der Haut im Bereich des Nackens des ungeborenen Kindes. Etwas Flüssigkeit ist dabei normal und ist abhängig von der Größe des Kindes. Diese Erkenntnis macht man sich im Ersttrimesterscreening zu Nutze.
In der folgenden Tabelle sind die Unterschiede der durchschnittlichen Nackentransparenz bei gesunden Kindern und bei Kindern mit den häufigsten Chromosomenstörungen aufgezeigt:
| Mittlere NT in mm |
Euploid | 2,0 |
Trisomie 21 | 3,4 |
Trisomie 18 | 5,5 |
Trisomie 13 | 4,0 |
Monosomie X/ Turner-Syndrom | 10,0 |
In den folgenden Jahren erkannte man zudem, dass auch zwei mütterlichen Blutwerten (PAPP-A und freies ß-HCG) bei Kindern mit den häufigsten Chromosomenstörungen typischerweise Abweichungen zeigen. Dadurch ließ sich die Genauigkeit des Tests verbessern.
Inzwischen ist es durch die Hinzunahme von weiteren Ultraschallmarkern wie der Darstellbarkeit des Nasenbeins, Blutfluss über der Trikuspidalklappe und im Ductus venosus möglich, die Genauigkeit des Tests auf etwa 95% bei einer Falsch-Positiv-Rate von 3-5% zu steigern. Dies bedeutet, dass 95% der Ungeborenen mit Trisomie 21 erkannt werden können und lediglich bei 3-5% der gesunden Kindern ein auffälliges Ergebnis zu erwarten ist. Bei diesen Kindern kann dann beispielsweise über die cfDNA eine weitere Abklärung stattfinden.
Links unauffällig darstellbares Nasenbein und rechts hypoplastisches Nasenbein
Links unauffälliger Blutfluss über der Trikusidalklappe, rechts mit auffälligem, rückwärtsgerichteten Blutfluss
Ductus venosus rechts mit regelhaftem Blutfluss und links mit auffälligem Blutflussmuster
Im Rahmen des Ersttrimesterscreenings ist erstmals auch eine dezidierte Beurteilung der kindlichen Anatomie möglich.
So können in geübter Hand etwa die Hälfte aller organischen Auffälligkeiten erkannt werden. Dabei hängt die Erkennungsrate sehr stark von der Art der Fehlbildung ab. So können manche Fehlbildungen wie beispielsweise Bauchwanddefekte in dieser Schwangerschaftsphase sogar besser als zu einem späteren Zeitpunkt erkannt werden.
Andere dagegen wie die Spina bifida (offener Rücken) können im Ersttrimesterscreening nur schwer erkannt werden. Ein weiterer Teil von Fehlbildungen entwickelt sich oft erst im weiteren Verlauf der Schwangerschaft. Dies trifft beispielsweise für die Hydronephrose (Nierenfehlbildung) zu. Diese können daher im ETS noch nicht erkannt werden. Betrachtet man nur die Herzfehler, so liegt die Detektionsrate im frühen Feinultraschall bei etwa 50%, wobei hier insbesondere eine Reihe von schweren Herzfehler erkennbar sind. In aller Regel können wir in dieser frühen Phase der Schwangerschaft glücklicherweise bereits bestätigen, dass alle kindlichen Organe regelgerecht angelegt sind.
Da die Tatsache ob Fehlbildungen oder Risikomarker wie eine erweiterte Nackentransparenz im Ultraschall nachweisbar sind, das Risiko von Chromosomenstörungen wesentlich beeinflusst, sollte im ersten Schritt immer der frühe Feinultraschall stehen!
Die Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) gehört zu den Bluthochdruckerkrankungen in der Schwangerschaft. Bei der Präeklampsie kommt es zu einem Hypertonus (erhöhter Blutdruck), einer Proteinurie (vermehrten Eiweißausscheidung über die Nieren) und zu Ödemen (Wasseransammlungen im Gewebe). Diese Erkrankung ist potentiell (lebens-) bedrohlich für Mutter und Kind.
Insbesondere wenn eine Präeklampsie vor der 34. SSW auftritt, ist sie zudem oft mit einer Wachstumsretardierung, also einem zu kleinen Kind, vergesellschaftet. Die einzige kausale Therapie einer Präeklampsie ist die Entbindung. Dies kann deshalb zu einer Frühgeburt führen.
Im Rahmen des Ersttrimesterscreenings ist es möglich, Ihr persönliches Risiko einer Präeklampsie zu berechnen. Dieses Risiko wird aus einigen Einflussfaktoren der Vorgeschichte (Anzahl der Schwangerschaften, Raucherstatus, Anzahl der bisherigen Schwangerschaften, stattgehabte Präeklampsie, familiäre Belastung mit Präeklampsie usw.), einem Blutparameter (PAPP-A), dem Widerstand der uterinen Arterien (zuführende Gefäße zur Gebärmutter), und den Blutdruck ermittelt.
Links unauffälliger Blutfluss in der uterine Arterie, rechts mit erhöhtem Widerstand
Ab einem Grenzwert von >1:100 empfehlen wir die Einnahme von 100mg Aspirin abends bis zur 34. SSW. Zwar ist Aspirin für diese Indikation nicht zugelassen (Off-Label-Use), es konnte aber in großen Studien gezeigt werden, dass damit über 80% der frühen Präeklampsien verhindert werden können! Mit dieser Methode ist es möglich, etwa 4 von 5 Schwangere zu identifizieren, welche im Verlauf eine frühe Präeklampsie entwickeln. Etwa 10% der Patientinnen erhalten ein falsch erhöhten Wert in diesem Testverfahren.
Über die Messung der Zervixlänge im Ultraschall (Länge des Gebärmutterhalses) kann das Risiko einer Frühgeburt im weiteren Schwangerschaftsverlauf ermittelt werden. Liegt die Zervixlänge über 30mm, so ist das Risiko einer Frühgeburt vor der 34. SSW unter 1:1000.
Links unauffällige Zervixlänge, rechts deutliche Verkürzung und Trichterbildung
Ist der Gebärmutterhals dagegen unter 25mm lang, steigt das Risiko für eine Frühgeburt deutlich an. In diesen Fällen sollte ein Totaler Muttermundsverschluss/ Cerclage (operativer Verschluss des Gebärmutterhalses) oder die vaginale Gabe von Progesteron diskutiert werden. Durch die Beurteilung der Zervixlänge gelingt es, etwa die Hälfte aller Schwangeren, welche vor der 34. SSW entbinden, zu erkennen.
Das Ersttrimesterscreening ist bei gesetzlich versicherten Patientinnen keine Kassenleistung.
Das Ersttrimesterscreening gehört ebenfalls zur Nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPT). Im Allgemeinen wird unter NIPT aber die zellfreie DNA verstanden (cfDNA).